Tomaten-Taumel

Das lieben Tomaten: Rund 1.000 Stunden lang stehen die Pflanzen im durchschnittlichen Inselsommer in der prallen Sonne. Aus dieser Energie schöpfen sie die Kraft, die unterschiedlichsten Sorten, Formen, Größen und Aromen heranreifen zu lassen. Seit die Frucht aus Amerika nach Spanien gebracht wurde, haben sich die Inselbewohner darauf spezialisiert, für fast jede Speise eine besondere Tomate zu züchten. Dieses Wissen hätten die Mallorquiner über den Touristenboom fast vergessen. Jetzt lebt es wieder auf.<br /> Das spürt man bei einem Besuch auf der Finca Can Roseta im Nordosten der Insel. Die knappe Notiz auf dem Einkaufszettel „ein Kilo Tomaten“ bringt Sie hier nicht weiter.
Biogärtner Biel Sureda, ein 34-jähriger Mann mit kräftigen Händen und leiser Stimme, hilft Ihnen bei der Entscheidung. Wollen Sie einen Salat zubereiten oder eine Soße? Möchten Sie große Mengen einkaufen, um die preiswerte Sommerfrucht als Wintervorrat zu trocknen oder einzukochen? Oder erwarten Sie netten Besuch aus der Heimat, dem Sie eine inseltypische Brotzeit, also ein „pa amb oli“, versprochen haben?<br /> Sureda hat den Anbau von Setzlingen von Kind auf im elterlichen Betrieb bei Manacor gelernt. Später machte er sich als Bootsmechaniker selbstständig. Doch mit der Krise herrschte in seiner Branche monatelang Flaute, die er nutzte, um den Eltern zu helfen.
„Bei einem Kurs über den Einsatz von Chemikalien ermunterten sie mich, es einmal mit Bio-Setzlingen zu probieren, die es auf der Insel damals noch nicht gab“, erzählt Sureda. Heute ernährt er mit dieser Idee seine Familie, und zwar ziemlich gesund.<br /> Für jeden Anlass gibt es die richtige, auf der Insel gezüchtete Sorte. Verschiedene Flaschentomaten („tomàtiga de pruna“) verfeinern geschält und gekocht die Pasta oder eignen sich zum Einwecken. Roh und mit weißen Zwiebeln und hellgrünen Paprika kombiniert, wird die fleischige „Cor de bou“ (Ochsenherz) zum inseltypischen Trempó-Salat. <br />

Tomaten in ihrer Vielfalt und für jeden Geschmack
Llorenç Joan Santandreu ist mit seinem sechs Monate alten Sohn Jaume gekommen. Jaume schläft im Tragetuch auf dem Bauch, während sich der junge Vater über verschiedene Sorten Ramallet-Tomaten informiert, die er in seinem Garten bei Santa Margalida selbst züchten möchte. Eigentlich hätte Santandreu diese Kunst auch von seinem Vater – also Jaumes Opa – lernen können. Aber die Chance ist vertan: „Mein Vater war Bauer, bis er 35 Jahre alt war. Dann kam der Tourismusboom und er ließ sich als Ausfahrer von Coca Cola anstellen. Jetzt ist er 83 Jahre alt, von der Zeit früher redet er nicht viel. Die Landwirtschaft, das bedeutete damals Armut.“ Das ist heute anders.
Ramallet-Tomaten sind beliebt und teuer. Ein mallorquinischer Haushalt, der etwas auf sich hält, hat sie das ganze Jahr über im Haus. Die eher blässlichen und unscheinbaren Früchte werden schließlich bei jeder Brotzeit aufs pa amb oli gerieben. „Bislang kaufe ich sie von einem Freund. Aber Bio-Ramallets sind teuer, jetzt möchte ich versuchen, sie selbst anzupflanzen.“ Und klar, die über die Jahre des Tourismus-Taumels fast vergessene Tradition solle auf Mallorca nicht verloren gehen.
Der sechsmonatige Jaume hört schon mal mit zu, wenn auch im Schlaf.Die Staude, so lässt sich Santandreu vom etwa gleichaltrigen Sureda erklären, müsse er fast waagerecht in die Erde legen und nur so lange ordentlich gießen, bis die ersten kleinen Früchte kommen. Dann heißt es, so wenig wie möglich zu gießen. „Die Tomaten bleiben klein und lassen sich länger lagern.“
Die Ramallet-Tomaten wird aufs pa amb Oli gerieben
Ramallet-Tomaten sind beliebt und teuer
Jetzt wissen Sie Bescheid. Sie wollten ein Kilo Tomaten? Also, welche Sorte darf es denn bitte sein?

Derzeit sind keine isla Specials buchbar.