Zeigt her Eure Kleider…
Wer durch das Örtchen Lloseta schlendert, kann den Laden leicht übersehen. Das Haus steht eingeengt zwischen anderen Häusern im Ortskern. Teixits Riera, Stoffe Riera, steht auf einem runden, rostigen Schild an der Natursteinwand. Es fällt kaum auf. Der verglaste Eingang gibt den Blick frei auf das Innere, verrät, dass sich hier eine der drei letzten Webereien der Insel befindet. Bunte Stoffballen lehnen aufrecht aneinander oder liegen in langen Reihen auf zwei wandhohen Regalen. Man sieht es gleich: Das ist hochwertige Ware. Davor steht ein langer Zuschneidetisch und gegenüber, auf der anderen Seite des Eingangs, sind Schaukelstühle,
und Kissen ausgestellt, bezogen mit den für Mallorca so typischen Zungenstoffen, Teles de llengües. Sie heißen so, weil ihre langen Muster an
Zungen erinnern. Wer sich noch weiter hineinwagt in das kleine Geschäft, der steht plötzlich mitten in der Werkstatt – und in der Vergangenheit. Staubige Webstühle, zwei große Waschtrommeln und eine Stellwand, das Schärgatter, an dem zig farbige Spulen stecken, erinnern an die ersten Jahre industrieller Produktion. Tatsächlich stammen die Geräte, abgesehen von den verchromten Waschmaschinen,
in denen das Garn auch gefärbt wird, aus dem 19. Jahrhundert, beziehungsweise von Mitte des 20.
Jahrhunderts. Gabriel Riera leitet das Geschäft in vierter Generation. Er ist Ende 30 und wirkt recht modern mit seinen Sneakers und der markanten Brille. Riera hat Wirtschaftswissenschaften studiert, den Betrieb vor ein paar Jahren übernommen und ihn kaum verändert. Ihm ist klar, dass der Charme des Alten und Kleinen auf seine Kunden wirkt. „Wir wollen nicht größer werden“, sagt er, „und wir wollen auch nicht ins Industriegebiet
ziehen.“ Dafür nimmt er die enge Zufahrt für Kunden und Lieferanten im alten Dorfteil, die beengte Arbeit in der Werkstatt und auch den kleinen
In vierter Generation
Gabriel Riera leitet die Firma in vierter Generation. Verändert hat er kaum etwas. Warum auch? Bis heute arbeiten er und seine Mitarbeiter in einem Dorfhaus in Lloseta, mit alten Maschinen und viel Handarbeit.
Arbeitsraum im Dachgeschoss und die Dachterrasse zum Trocknen der Garnbündel in Kauf. Steigt man die schmale Treppe von der Werkstatt nach oben, gelangt man erst auf die kleine Terrasse und dann in den langen Raum mit Dachschräge. Er ist fast völlig von einem Tisch ausgefüllt. Dort werden die Baumwollfäden bündelweise fürs Färben vorbereitet.
Einer von Rieras vier Mitarbeitern klebt die Stränge im Abstand von einigen Zentimentern mit Tesafilm ab: das Geheimnis des Zungenmusters, das in anderen Regionen der Welt Ikat genannt wird.
Sind sie gefärbt, hängen sie ein paar Tage an Stangen auf der Terrasse. Die trockenen Bündel werden dann aufSpulen gewickelt und später, je nach Muster, auf das Schärgatter gesteckt. Von dort führt Riera die farbigen Fäden einzeln zur Schärtrommel: zehn weiße Fäden, acht blaue, zehn weiße … Sie laufen in einer festen Ordnung nebeneinander über die Trommel und bilden so eines der rund 70 Muster, die Riera alle im Kopf hat. „Wenn ich mal nicht mehr erinnere, schaue ich einfach den fertigen Stoff an und sehe,
wie die Fäden laufen müssen.“
Zungenmuster in Türkis: echter Mallorca-Stil!
Teixits Riera
Teixits Riera
Carrer Major 50
Lloseta
Öffnungszeiten:
Mo-Fr 10-14 Uhr und
15.30-19.30 Uhr
Sa 10-14 Uhr
web teixitsriera.com
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