Im Reich der Genügsamen
Sie leben geschützt in einem Glashaus am Ortsrand von Ses Salines. Wind und Regen können ihnen nichts anhaben. Zu Tausenden sitzen sie in ihren sehr kleinen Plastiktöpfen, ordentlich in langen Reihen, und wachsen. Manche sind so klein wie ein Stecknadelkopf, andere haben es schon auf Linsengröße gebracht, dann die olivengroßen, andere sind Ministräucher mit winzigen Blättchen. „Kakteen wachsen sehr langsam“, sagt Toni Portell, „man braucht viel Geduld mit ihnen.“
Seit mehr als 40 Jahren zieht Portell Sukkulenten mit und ohne Stacheln sowie Dickblattgewächse. In ihrer Erscheinung sind sie außerordentlich vielfältig, in ihrer Anspruchslosigkeit gleichen sie sich. So lautet Portells wichtigster Pflegetipp für einen Kaktus auch schlicht: „Denken Sie nicht an ihn.“ Cactus Toni Moreno heißt sein Betrieb, Moreno ist Portells Spitzname in seinem Heimatort Ses Salines.
1972 hat er mit der Zucht und dem Handel begonnen, nachdem ihn Carmen March Delgado vom Banker-Clan der Marchs zuvor nach Barcelona geschickt hatte, um dort eine Gärtnerschule zu besuchen. „Ich war 14“, erzählt er, „sie kannte mich, weil ich Ministrant war.“ Später arbeitete er auf s‘Avall, dem Anwesen der March-Familie, das heute die beste Kakteensammlung Europas hat, so Portell. Das eingezäunte Privatgrundstück liegt nur drei Kilometer von seinen Gewächshäusern entfernt. Betreten darf man es nicht, auch Portell war schon lange nicht mehr dort. „Die haben richtige Kakteenwälder, manche Exemplare sind 15 Meter hoch“, schwärmt er.
Mallorca hat das ideale Kaktusklima, trotzdem gibt es keine heimischen Arten. Selbst die Feigenkakteen (Opuntia ficus-indica), die allerorts wuchern, wurden einst aus Mexiko eingeführt.
Mit den Früchten habe man die Schweine gemästet, und die runden großen Areolen wurden zerkleinert und dienten als Futter für die Kühe, wenn es sonst nichts mehr gab, erinnert sich Portell. Eine eingeführte Nutzpflanze also, die heute ihren Wert verloren hat, aber weiterhin zu Mallorcas Landschaft gehört. Auf Brachland, am Straßenrand oder in verlassenen Hinterhöfen wächst sie einfach vor sich hin. Vielleicht können deshalb die Insulaner nicht viel mit Kakteen anfangen. „Unser Geschäft machen wir im Ausland und auf dem spanischen Festland“, sagt die Tochter Antònia Portell, die mit ihrem Mann Fabricio Castelo das Geschäft führt, „und mit hiesigen Gartencentern und Landschaftsarchitekten.“ Die arbeiten vor allem mit ausländischen Privatkunden und Hotels zusammen. „Vor allem die Skandinavier lieben Kakteen“, sagt Antònia, „für sie sind es Exoten.“
Toni Portell liebt es die Nachmittage im Gewächshaus zu verbringen
Dorfhaus Casa Mar in Santanyí mit Patio und Grill
KAkteen kommen einfach nicht aus der Mode
Der Vater kümmert sich um das Kerngeschäft, wortwörtlich. Denn der Betrieb verkauft auch Kaktussamen. Der alte Mallorquiner mit der Zigarre und den dicken Brillengläsern liebt es, die Nachmittage im Glashaus mit dem Nachwuchs zu verbringen. Hier wachsen mehr als 500 Arten. Portells Liebe gehört der Gattung der Lithops, weil sie besonders schwierig zu züchten sind.
Sie kommen im südlichen Afrika vor und werden nicht größer als eine Faust. Auf Deutsch heißen sie Lebende Steine, auf Spanisch Elefantenfüße, und so sehen sie auch aus: gräulich, grünlich oder rotstichig, plump, glatt, kein einziger Stachel, komplett unauffällig. Trotzdem ist Portell ihrem Charme erlegen, und wenn man weiß, dass sie zur Familie der Mittagsblumengewächse gehören, kann man erahnen warum. Jeden Tag ab 14 Uhr öffnen die walnussgroßen Exemplare ihre weißen oder gelben Blüten und „füllen das ganze Gewächshaus mit Duft“, erzählt Portell, „phantastisch.“
In dem Moment greift er zum Pinsel und bestäubt die Blüten. Danach geht er durch das Glashaus und schaut, wie es den anderen Mini-Pflanzen geht. Da ragen zum Beispiel kerzengerade Cereus-Kakteen aus ihren Töpfchen, wie man sie aus Wildwestfilmen kennt, freilich nur einen Daumen hoch. „Sie sollen die Computerstrahlung absorbieren“, sagt Portell, „die verkaufen wir gut.“
Daneben wachsen kleine Espostoa lanata-Exemplare. Ihr schmaler, hoher Stamm ist von einem filzigen Bart umgeben. Sie stammen aus dem Norden Perus und halten Minusgrade aus, wie Portell erklärt. Beeindruckend, wenn man weiß, dass Kakteen vor allem aus Wasser bestehen. Der weiße Wollmantel schützt sie wohl vor dem Erfrieren. Dahinter gedeihen die allseits beliebten Schwiegermutterstühle, (Echinocactus grusonii), die das lateinische Wort für Igel im Namen tragen. „Unser Bestseller“, sagt Portell, „die kommen einfach nicht aus der Mode.” Der fiese Name verursacht beim Betrachten schon Schmerzgefühl.
Tatsächlich sind die Dornen der mandarinengroßen Kugeln schon recht hart. Sind sie dann erst mal so groß wie ein Medizinball, nach 10, 15 Jahren, kann man sich richtig verletzen. Das lernt man auf einer der drei Freilandplantagen der Firma: Da wachsen Schwiegermutterstühle in ordentlichen Reihen, so weit das Auge reicht. Die Felder sind offen zugänglich. „Die klaut niemand“, erklärt Antònia bei der Rundfahrt im Auto, „oder wüssten Sie, wie man eine 40 Kilo schwere Stachelkugel ausgräbt und davonträgt?“
Wer die Pflanzen ganz legal erstehen will, kann nach Terminabsprache bei den Portells vorbeikommen und sich welche aussuchen. Die kleinen gibt es für ein paar Euro, die größeren kosten um die 40 Euro. Wer etwas wirklich Besonderes möchte, der lässt sich von Antònia zur Plantage der Giganten im trockenen Hinterland von Ses Salines fahren. Da stehen sie, weit auseinander gepflanzt, und genießen Mallorcas Sonne: ein lichter Wald aus Pachycereus pringlei-Kakteen mit verholztem Stamm und kräftigen, himmelwärts wachsenden Ästen, dazwischen meterhohe Köcherbäume, die zur Gattung der Aloe gehören und doch ganz anders aussehen mit ihrem glatten, kahlen Stamm und der kleinen Baumkrone.
Unser Bestseller “Schwiegermütterstühle”
„Unsere Gran Reserva-Kakteen“
Cactus Toni Moreno
Terminvereinbarung unter
Tel: 636 748 962
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