Cala Figuera und der Mann der ersten Stunde
Es macht Spaß, mit Salvador Escalas in der Fotokiste zu kramen. Wie viel Geschichte in einen Schuhkarton passt! Persönliche Erinnerungen tauchen auf, mit jedem Foto, das der 78-Jährige aus der Kiste holt. „Ach, da war ich noch hübsch!“, sagt er in perfektem Deutsch, oder „diese alte Klapperkiste! Damit haben wir die Touristen über die Insel gefahren.“ Er schmunzelt, denkt nach, freut sich.
Auch viele junge Frauen sind zu sehen, mit Hochsteckfrisuren und in ausgestellten Röcken. „Das waren alles meine Freundinnen, ich war der Hahn im Korb.“ Es sind nicht nur 60 Jahre seines Lebens, die auf den kleinen Schwarz-Weiß-Fotos zu sehen sind. Es sind 60 Jahre Tourismusgeschichte auf Mallorca. Escalas hat sie mitgestaltet, hier in Cala Figuera, wo er mit seiner deutschen Frau Ulla Escalas, geborene Potthast, lebt.
Escalas wuchs in Santanyí auf. „Zum Glück hatte ich arme Eltern“, sagt er heute, „so konnte ich schätzen, was ich später hatte.“ Als einer der wenigen seiner Generation machte er Abitur, lernte zu Hause, der Apotheker gab ihm Unterricht und kaufte ihm die Bücher.
Dieser Trend habe mit der veränderten Nachfrage und den natürlichen Gegebenheiten der engen Bucht zu tun, erklärt Salvadors Frau Ulla: „Cala Figuera hat keinen Strand, deswegen interessiert der Ort konventionelle Touristen nicht, die vom Bett auf den Strand fallen wollen.“ Andere lieben den Ort genau deswegen, wegen seiner Fischerboot-Unterstände und der kleinen dazugehörenden Häuser am Wasser.
Wie viel Geschichte in einen Schuhkarton passt!
Cala Figuera ist einer der wenigen Küstenorte auf Mallorca, der sich etwas von seinem ursprünglichen Charme bewahrt hat.
Dem war 1972 auch Ulla Potthast verfallen. Und auch Salvador Escalas hatte es ihr angetan. Sie wollte eigentlich für das zweite Staatsexamen lernen, war schon ein paar Jahre Lehrerin für Mathe, Physik und Chemie, als sie Ostern „mit einem Koffer voller Bücher“ nach Mallorca kam. Das Staatsexamen legte sie dann noch ab, aber ihr Lebensweg machte eine Kurve.
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Cala Figuera, ein beschaulicher Fischerort mit bewegter Geschichte
Ein Jahr, nachdem sich die beiden kennengelernt hatten, zog Ulla vom Ruhrgebiet nach Mallorca, in einem R 4 „bis oben voll mit meinem beweglichen Hausstand“, erinnert sie sich.
Salvador war Witwer mit zwei kleinen Kindern, Ulla wurde ihre neue Mutter. Das Paar wirkt bis heute dynamisch und eingespielt, die Partner ergänzen sich, das ist sofort zu spüren. „Deutsche Gründlichkeit gegen mallorquinische Ungründlichkeit“, sagt Salvador Escalas lachend und fügt an: „Ich fühle mich mittlerweile halb als Deutscher, halb als Spanier.“
Ulla hat mit ihrem Mann dann jahrzehntelang den Betrieb geschmissen, als „Mädchen für alles“, wie sie erzählt, „um die Gäste kümmerte sich Salvador, ich war für den Ablauf zuständig.“
Escalas war viele Jahre Vorsitzender des Hotelierverbandes in Cala Figuera und wirkte nach Francos Tod 1975 entscheidend am Aufbau der Demokratie mit. Das Programm der neuen Mitte-Partei UCD entwickelte Escalas nach deutschem Vorbild.
Da gehörte er schon der Partido Popular (PP) an, die nach der Auflösung der UCD 1982 die Gemeindewahlen gewann. Seitdem regieren in Santanyí ununterbrochen Politiker der konservativen Volkspartei. Seit einigen Jahren genießen Salvador und Ulla das Leben intensiver. Jeden Nachmittag gibt es auf der Terrasse Tee und Kekse, auch Kater Max bekommt sein Häppchen, und so oft es geht, frönen die beiden der mallorquinischen Küche. 135 Kochbücher stehen im Regal.
17 Jahre
Bürgermeister
Per llepar´se els dits
Auf die Frage nach seinem Lieblingsessen antwortet er ohne nachzudenken und in tiefstem Mallorquinisch: Escaldums de matances und Arros brut.
Wer diese Gerichte nicht kennt, sollte sich auf die Suche machen, zum Beispiel bei C‘an March in Manacor oder bei Can Tronca in Sant Joan (nur mit Reservierung).
„Die kochen die besten Reisgerichte der Insel“, sagt Escalas, „da schleckt man sich danach die Finger ab“ – per llepar´se els dits.
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