RESSORT   „Reportagen • Gesichter Mallorcas”

Werkstatt der Kreativen

Mallorca, den 1. September 2019
Eine Künstlergruppe um Catalina Julve bereichert das Kulturleben von Manacor. In ihrem Atelier und im Showroom kann man sie und ihre Werke kennenlernen.
TEXT   isla Redaktion (bk)
FOTO   Gunnar Knechtel

TAGS   Kunst & Kultur Manacor

In einer ehemaligen Schreinerei werkelt seit drei Jahren eine glückliche Künstlergruppe, mit wechselnden Mitgliedern und gleichbleibendem Anliegen: den eigenen Stil zu finden oder die Arbeit voranzutreiben und das Kulturleben der 40.000-Einwohner-Stadt Manacor zu beleben. „Hier gibt es nichts“, sagt Catalina Julve, die Gründerin der Gruppe, „keine Galerie, kein Kulturzentrum, keine offenen Ateliers.“ Seit drei Jahren gibt es „Saïm“, Schmalz, wie das Studio und das Kollektiv heißen. Zudem hat Julve vor Kurzem den Showroom Papillon Art Centre im Zentrum von Manacor eröffnet. Eine alte Apotheke fungiert jetzt als Ort für wechselnde Ausstellungen und ist auch nur dann geöffnet. Wer in der alten Schreinerei arbeitet, ist offen für Neues, für Ideen. „Wir freuen uns über Besuch“, sagt Julve.

Toni Gomà zum Beispiel, der eigentlich Anwalt für Familienrecht ist. Abends kommt er, um abzuschalten. „Anstatt vor dem Fernseher zu sitzen, experimentiere ich mit meinen Fotos“, erzählt er an seinem Werktisch. Collagen hängen an der Wand, übermalte und bedruckte Fotos, Selbstporträts oder alte Schwarz-Weiß-Fotos vom Flohmarkt in Consell. Hinter ihm steht eine Druckerpresse. „Cati hat mir die Technik erklärt“, sagt er, „und damit experimentiere ich jetzt mit großer Freude.“ Der Autodidakt fühlt sich noch am Anfang, hat seine Arbeiten noch nie gezeigt. „Seitdem ich hier bin, habe ich mich sehr weiterentwickelt“, sagt er, „die Zusammenarbeit inspiriert mich einfach.“

Auch Roser Oliver kommt im Gemeinschaftsatelier gut voran. Die 15-Jährige hat gerade einen Preis gewonnen und ihre erste Ausstellung bestritten. Drei bis vier Nachmittage pro Woche verbringt sie im Atelier. Sie malt knallbunte Acrylporträts auf Leinwand oder mit Sand und Leim angerautem Untergrund. „Hier habe ich Platz und Ruhe, um das zu tun, was mir am meisten Spaß macht“, sagt sie. Vor ein paar Monaten hat sie den Entschluss gefasst, Kunst zu studieren, „am besten an einer guten Kunsthochschule im Ausland“, sagt sie. Dass sie dann ihre Heimatstadt verlassen muss, findet sie nicht schlimm. „So komme ich aus meiner Komfortzone heraus und lerne dazu.“

„Wir freuen uns über Besuch“

Toni Gomà experimentiere mit seinen Fotos und erstellt Collagen.
Roser Oliver malt knallbunte Acrylporträts auf Leinwand.
Anastasia Egóvora fertig Geschirr, Schmuck und Kunstwerke aus Keramik
Catalina Julve malt große Ölbilder nach alten Familienfotos

Anastasia Egóvora ist vor 13 Jahren aus Astrachan am Kaspischen Meer nach Manacor gezogen, der Liebe wegen. Nach einigen Jahren als Rezeptionistin und Hoteldirektorin ist sie heute freiberufliche Keramikerin. „Das wollte ich immer sein“, sagt sie strahlend, „ich bin am Ziel.“ Kurse in der Erwachsenenschule von Manacor, eine Ausbildung in der Töpferschule von Marratxi, Fortbildungen in Katalonien und in der Joan Miró-Stiftung in Palma waren die Etappen. Jetzt fertigt Anastasia in ihrer Ecke des großen Ateliers Geschirr, Schmuck und Kunstwerke aus Keramik. Eine Drehscheibe, mehrere Wandregale mit Exponaten und Kisten und Koffer mit Material sind zu sehen. Anastasia hat gutes Form- und Farbgefühl, ihre Teeservice kann man im Teegeschäft Tea Ritual in Palma kaufen (C/ de les Monges 6), Schmuck und anderes auf der Webseite: anastasiaegorova.com

Catalina indes ist im Hinterzimmer kreativ. Sie sitzt am Schreibtisch und bereitet eine Ausstellung im Museo de Manacor vor. „Hippies always welcome“ nennt sie die Präsentation ihrer großen Ölbilder, deren Grundlage alte Familienfotos sind. „Wir waren hier Hippies, ohne es zu wissen“, sagt die 46-Jährige. Ein Porträt ihrer Großeltern hat sie „Yoko Ono y John Lennon“ genannt, auf vielen anderen Bildern sieht man Kinder im Wald, im Schwimmbad, auf der Veranda eines Landhauses sitzen. „Wir lebten so hedonistisch wie möglich“, erinnert sich Julve an ihre Kindheit in Manacor und Umgebung. Heute verdient sie ihr Geld in der Bar Vermut, die sie mit ihrem Mann betreibt. Nachmittags kommt sie zum Malen. „Ich brauche das“, sagt sie, „es ist auf jeden Fall besser, als zum Psychiater zu gehen.“ • bk

Info:
Ende Mai, Anfang Juni 2019 gibt es bei einer Kollektivausstellung im Papillon Art Centre (C/ Mercadal, 12) die Arbeiten der Saïm-Gruppe zu sehen, sowie die von anderen Künstlern aus Manacor. Das Datum fällt mit der Kunsthandwerksmesse zusammen, deren Datum bei Redaktionsschluss noch nicht feststand. Infos auf Facebook (Papillon Artcentre).

Die Werkstatt kann nach Vereinbarung besucht werden. Infos und Anmeldung bei
Catalina Julve:
Tel: 666 84 61 01 oder
Bar Vermut (C/ Bosch 8)
„Wir waren hier Hippies, ohne es zu wissen“

Papillon Art Centre im Zentrum von Manacor

Zudem hat Julve vor Kurzem den Showroom Papillon Art Centre im Zentrum von Manacor eröffnet. Eine alte Apotheke fungiert jetzt als Ort für wechselnde Ausstellungen und ist auch nur dann geöffnet.

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