Ein Miniaturwunder der Weihnachtszeit
Es ist schwer, ohne ein ehrliches Schmunzeln über Mallorcas Krippen zu sprechen – oder wie man hier sagt: die belenes. Während deutsche Krippen oft auf das Wesentliche reduziert sind – Maria, Josef, das Jesuskind und vielleicht ein Schaf, wenn’s hochkommt – entfalten die mallorquinischen belenes wahre Miniaturwelten. Von Kirchen über Rathäuser bis hin zu Geschäften: Die Insel zelebriert die Kunst des Krippenbaus in einer Detailverliebtheit, die man gesehen haben muss, um es zu glauben. Dank des Vereins der mallorquinischen Krippenbauer (betlemistes.com) entstehen wahre Meisterwerke – von Mühlen über Märkte bis hin zu Szenen aus dem mallorquinischen Alltag.
La Misericòrdia: Ein Mekka der Krippenkunst
Wer diese Kunstwerke bestaunen möchte, findet im Kulturzentrum La Misericòrdia in Palma eine der schönsten Ausstellungen der Insel (geöffnet bis 6. Januar, täglich von 10 bis 14 Uhr und 17 bis 21 Uhr). Zugegeben: Zu Stoßzeiten ist es ein bisschen wie im Bus zur Hauptverkehrszeit – eng und wuselig. Doch wer sich einen Platz an der Glaswand erkämpft, wird belohnt. Einfach mal genau hinsehen lautet die Devise, denn bei genauer Betrachtung entlarvt man den wahren Zauber: Marktszenen, mallorquinische Dörfer, Windmühlen und Fischerboote, die von der Geschichte und den Traditionen der Insel erzählen. Es ist, als hätte jemand ganz Mallorca in Miniatur gegossen – mit mehr Liebe, als manche Großprojekte sie je erfahren.
Caganer und Fraile: Humor trifft Tradition
Mallorquinische Krippen wären nicht komplett ohne ein bisschen Augenzwinkern. Neben Maria, Josef und den Heiligen Drei Königen stehen zwei besondere Figuren, die jedes Jahr für Schmunzeln sorgen. Der caganer, ein katalanischer Bauer mit heruntergelassener Hose, symbolisiert Fruchtbarkeit und das Leben in seiner ganzen Unmittelbarkeit. Und der fraile, ein mallorquinischer Mönch, der entweder tief in Gedanken oder tief in seiner Mahlzeit versunken ist. Diese Figuren bringen den Humor, der die mallorquinische Krippenkunst so unverwechselbar macht.
Internationale Vielfalt erleben
Wer denkt, dass Krippen immer gleich aussehen, sollte das Centro de Historia y Cultura Militar in Palmas Carrer Sant Miquel besuchen. Hier warten bis zum 4. Januar über 1.100 Figuren aus 59 Ländern auf staunende Besucher. Minimalistische Szenen aus Japan, bunte Pracht aus Lateinamerika – jede Figur erzählt ihre eigene Geschichte, und jede ist eine Entdeckung wert.
Ein Mahnmal aus Miniaturen
Eine neue Krippe sorgt in diesem Jahr für Aufsehen: In der Parròquia de la Encarnació zeigt eine außergewöhnliche Darstellung die Folgen der Flutkatastrophe in Valencia. Umgestürzte Autos, Schlamm und Trümmer erinnern nicht nur an die Opfer, sondern mahnen auch an die zerstörerische Kraft der Natur. Seit dem 14. Dezember kann dieses besondere Werk besucht werden – und, seien wir ehrlich, auch hier könnte es eng werden.
Die Krippen als Erlebnis für alle Sinne
Mallorquinische Krippen sind mehr als nur Dekoration – sie sind ein Spiegel der Insel und ihrer Menschen. Mit Liebe zum Detail, einer Prise Humor und Respekt vor der Weihnachtsgeschichte schaffen sie ein Erlebnis, das Tradition und Moderne auf wunderbare Weise vereint. Ein Besuch ist wie eine Zeitreise durch Mallorcas Seele – charmant, überraschend und voller kleiner Geschichten, die man entdecken muss.
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