Im Galopp Richtung Meer

Zwischen den Salzgärten von Campos und dem Meeresufer am Strand von Es Trenc kann man stundenlang ausreiten, ohne eine Straße zu kreuzen. Text: Jutta Christoph Foto: Gunnar Knechtel

Schon von Weitem ist das Landgut Sa Barrala mit seinen Anbauten, versetzten Dächern und kleinen Balkonen vor der rohen Sandsteinfassade gut zu sehen. Die landwirtschaftliche Finca südlich von Campos wirkt wie eine Burg, doch statt das Auto durch das schmiedeeiserne Tor zu lenken, folgen wir den Hinweisschildern „Horse Riding“ und fahren in einem Bogen um das große Anwesen herum. Der Weg führt über einen steinigen Acker zu einer Gruppe von niedrigen Gebäuden, den Pferdeställen.

Pedro Barrios kommt uns in Reitstiefeln und mit wuscheligen Haaren entgegen. Der 41-Jährige stammt aus Venezuela. Als er 2001 nach Mallorca kam, merkte er schnell, dass er ohne Pferde nicht leben kann. Zum Glück lernte er José Luis und Ana Burguera kennen, die Besitzer von Sa Barrala.

Zusammen hatten sie die Idee, Ausritte in kleinen Gruppen auf dem 200 Hektar großen Grundstück anzubieten, das bis zum Sandstrand von Es Trenc reicht. Touristen können auf dem Anwesen aus dem 13. Jahrhundert Urlaub machen und mit Pedro reiten gehen, und auch Nicht-Feriengäste sind im Stall willkommen. Zu seiner „Familie“, wie Pedro sie nennt, gehören derzeit 15 Pferde, mit denen er zwei- bis vierstündige Reittouren (30 Euro/Stunde) in kleinen Gruppen mit maximal sechs Reitern anbietet.

Unsere Pferde Isabela, Bolet und Cha Cha Cha stehen bereits gestriegelt und gesattelt neben dem Paddock. Sie warten entspannt in der Sonne, anbinden muss Pedro seine Tiere nicht. Bevor es losgeht, werden Getränke gereicht, und die Reiter haben Gelegenheit, in Ruhe anzukommen und den Rest der Welt für eine Weile zu vergessen.

Wie das geht, macht Pitufo vor: Der Kater streckt seine vier Pfoten genüsslich im Gras aus und passt mit seinem braunen kuscheligen Katzenfell perfekt in die mallorquinische Naturkulisse. Pedro erzählt, dass die Hälfte seiner Pferde gerettete Tiere sind, die keiner mehr haben wollte, weil ihnen ein Auge fehlte oder sie als Traber ausgedient hatten.

Auf Sa Barrala dürfen sie das Pferdedasein neu entdecken. Sol, ein rotbrauner Wallach, spaziert laut Pedro allein über das Grundstück, öffnet Gatter selbstständig und geht im Meer schwimmen. Eine Geschichte, die man dem Südamerikaner mit den lachenden Augen sofort abnimmt.

Hinter den Dünen endet die Finca Sa Barrala offiziell

Zwischen November und März wird aber geduldet, mit den Pferden durch den tiefen Sand Richtung Colònia de Sant Jordi am Meer entlangzureiten. Wenn sich wie heute die Badegäste in Bikini, Shorts oder sogar hüllenlos am Es Trenc Strand sonnen, bleibt es allerdings beim Blick auf die Wellen. „Ihr müsst Anfang November wiederkommen, wenn das Meer noch warm ist“, sagt Pedro, „dann kann man mit den Pferden baden gehen.“

Wir können es kaum erwarten, mit Pedro die Wege im Naturpark zu erkunden. Wir sitzen auf und verlassen in leichtem Trab die Stallungen, reiten an Eseln und Olivenbäumen vorbei und passieren große Felder, wo Futter für die Pferde angebaut wird.
Das Besondere: Zwischen den Salzgärten von Campos und dem Meeresufer am Strand von Es Trenc kann man stundenlang ausreiten, ohne eine Straße zu kreuzen. Stattdessen trifft man Rinder auf riesigen Koppeln und manchmal einen Jagdhund, der im Kiefernwald aus dem Unterholz flitzt.
Bevor wir zum Strand reiten, machen wir einen Abstecher zu einem Salzsee nahe den Salinen von Es Trenc. Mit etwas Glück kann man Fotos von Flamingos schießen, die nur ein paar Meter entfernt langbeinig durch das Wasser staken.

Heute stehen die scheuen Tiere auf der anderen Seite des Sees, als wüssten sie, dass sie fotografiert werden sollen. Der Fotograf, der uns begleitet, guckt durch sein großes Teleobjektiv. Wir drücken uns in den Steigbügeln in die Höhe, um die Vögel besser zu sehen.
Pedro fragt, ob wir bis zum Wald galoppieren wollen. Wir nicken und die Pferde preschen los. Isabela, der ihr Vorleben als Trabrennpferd noch in den Beinen steckt, trabt in höchster Geschwindigkeit über den Acker, ihre Hinterhufe scheinen außen an den Vorderbeinen vorbeizulaufen.
Das sieht lustig aus, obendrauf wird man allerdings ordentlich durchgeschüttelt. „Beim nächsten Mal kräftig antreiben“, rät Pedro, der seinen Hannoveraner Wallach durchpariert und ihm den feuchten Hals klopft, „dann wechselt auch seine Isabela aus Turbotrab in Galopp.“

Wir passieren ein Gatter nach dem anderen, Pedro öffnet und schließt sie wieder. Im Kiefernwald traben die Hufe lautlos über weiche, sandige Böden. Rechts und links wächst wilde Macchia, dazwischen taucht ein Steinhaus mit einem Grillplatz auf. Durch die Äste hören wir schon das Meer rauschen, wir traben einen kleinen Aussichtshügel hoch und sehen nicht weit entfernt das türkisfarbene Wasser, das hier so intensiv leuchtet wie in der Karibik.
Mit diesen Bildern im Kopf treten wir den Heimweg an, die Pferde haben es jetzt eilig, zum Stall zurückzukommen. Pedro galoppiert mit Cha Cha Cha voraus, und diesmal wechselt auch Isabela vom Trab direkt in den dritten Pferdegang.
„Kommt wieder, wann immer ihr wollt“, ruft uns Pedro zu!

Die Pferde werden geduscht und mit Karotten versorgt

Nachdem die Pferde abgesattelt, geduscht und mit Karotten versorgt sind, trinken wir Reiter noch einen Ananassaft in der Sonne und dehnen die steifen Beine. Kater Pitufo kommt herbeigelaufen, schnurrt und streicht uns um die Füße. Fast sind wir ein bisschen neidisch auf sein Katzenleben an solch einem friedlichen Ort wie Sa Barrala. „Kommt wieder, wann immer ihr wollt“, ruft uns Pedro zum Abschied zu. Wir versprechen es, denn solch ein Reitparadies findet man nicht alle Tage. • jc

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